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Kulturlandschaften

 

Marschen, Heide, Knicks

Rund um Hamburg gibt es bis heute traditionsreiche Kulturlandschaften, die durch die Art der Landnutzung eine einzigartige Prägung erfahren haben. Dazu gehören die Vier- und Marschlande, das Pinneberger Baumschulland, Knicklandschaften und auch das Moor. Manche, wie das Alte Land, werden noch immer intensiv genutzt, andere, wie die Heide, müssen mühsam erhalten werden. Allen gemeinsam aber ist, dass es vieles zu entdecken und vor allem über uns und unseren Umgang mit „Natur“ und „Kultur“ zu erfahren gibt.

Zur Erhaltung der Biodiversität spielen Kulturlandschaften heute eine sehr wichtige Rolle im Naturschutz. Die immer intensivere Bewirtschaftung des Landes und die Aufgabe alter Nutzungsweisen in den letzten 100 Jahren führten dazu, dass auch viele dieser Kulturfolger heute stark gefährdet sind.

Am Langen Tag der StadtNatur könt ihr die Kulturlandschaften und ihre Besonderheiten selbst entdecken.

Entwässerungsgraben in den Vier- und Marschlanden (© Bezirksamt Bergedorf)

Entwässerungsgraben in den Vier- und Marschlanden (© Bezirksamt Bergedorf)

Freilichtmuseum Rieck Haus (© Bezirksamt Bergedorf)

Freilichtmuseum Rieck Haus (© Bezirksamt Bergedorf)

Vier- und Marschlande - Die Gemüsekammer

Bereits im Mittelalter besiedelten die ersten Bauern das fruchtbare Marschland, zum Beispiel entlang der Dove Elbe, der Gose Elbe und der Bille in den Vier- und Marschlanden.

Sie begannen das Land, das regelmäßig von der Elbe überschwemmt wurde, einzudeichen und Entwässerungsgräben zu ziehen, um es urbar zu machen. Der fruchtbare Boden brachte viel Ertrag und somit auch Wohlstand, welcher sich bis heute in den Kirchen und Bauernhäusern der Gemeinden widerspiegelt. Während auf den höheren Flächen Ackerbau möglich war, waren weite Teile des Gebietes durch ihre tiefe Lage und den dadurch bedingten erhöhten Grundwasserspiegel nur als Grünland nutzbar. Wiesenvögel wie Kiebitze, aber auch Störche und Amphibien waren häufig. Gräben und einzelne Kopfweiden, die von Korbflechtern geschnitten wurden, prägten das Landschaftsbild. Einen Eindruck dieser historischen Kulturlandschaft vermittelt am ehesten das Naturschutzgebiet Kirchwerder Wiesen, das gut mit dem Fahrrad zu erkunden ist.

Das Freilichtmuseum Rieck Haus und der Hof Eggers vermitteln einen Eindruck vom früheren Leben in den Marschen. Für die Bewohner Hamburgs dienen sie heute als Erholungsraum für Fahrrad-, Paddel- und Schiffstouren. Mit der Vielzahl an Wasserwegen, Seen und den alten Bauernhäusern ist die Region ein Ziel für kleine Fluchten aus der Hektik der Großstadt. Die Vier- und Marschlande sind heute das größte zusammenhängende Blumen- und Gemüseanbaugebiet Deutschlands.

Altes Land – Traditionsreiches Obstanbaugebiet

Fruchtbare Böden und mildes Klima bilden die Grundlage für eines der größten Obstanbaugebiete Nordeuropas. Der Name Altes Land (auf Plattdeutsch: Olland = hochdeutsch Altland) geht auf die Kolonisierung durch Holländer zurück. Mit Deichen schützten frühe Siedler ab dem 12. Jahrhundert ihre Flächen vor Überflutung. Prachtvolle alte Fachwerkhäuser bezeugen den frühen Wohlstand.

Die Lage im Urstromtal der Elbe, Entwässerungsgräben und Deiche prägen das Alte Land: Lange Zeit dienten die Gräben auch als Transportwege. Mit langen Kähnen wurde das Obst auf die nahegelegenen Märkte gebracht. Landwege wurden erst spät mit entsprechendem Aufwand gebaut.

Feuchte Gräben, Grünland, Gewässer und einzelne Baumreihen sind typische Lebensräume im Alten Land. Die Obstbauern bemühen sich um Schutz und Förderung von Nützlingen und setzen beim Pflanzenschutz auf integrierte Verfahren. Tausende Bienenvölker kümmern sich im Frühjahr um die Bestäubung und damit den Fruchtertrag.

Insbesondere der moderne Apfelanbau mit arbeitsfreundlichen niedrigen Bäumen prägt heute das Alte Land. Einst gab es hier auch Hoch- und Mittelstammkulturen. Die älteren, höheren Bäume boten mehr Insekten und Vögeln Lebensraum, aber die damals notwendigen Leitern führten auch zu vielen Arbeitsunfällen bei der Apfelernte. Birnen, Süß- und Sauerkirschen sowie Pflaumen und Zwetschgen vervollständigen das Baumobstsortiment. Sehr eindrucksvoll zeigt sich das Alte Land in der Blütezeit Ende April / Anfang Mai und mit dem Beginn der Obstreife im Sommer und Herbst. Zahlreiche Obstbauern verkaufen ihre Ernte in Hofläden und geben gern auch Informationen zum regionalen Anbau.

Bio-Obsthof Augustin

Bio-Obsthof Augustin

Führung auf dem Herzapfelhof (© Herzapfelhof Lühs)

Führung auf dem Herzapfelhof (© Herzapfelhof Lühs)

Angehende Straßenbäume (© Pinneberger Baumschulland)

Angehende Straßenbäume (© Pinneberger Baumschulland)

In Containern produzierte Gehölze (© Pinneberger Baumschulland)

In Containern produzierte Gehölze (© Pinneberger Baumschulland)

Pinneberger Baumschulland – Wo die Bäume zur Schule gehen

Baumschulen prägen diese Kulturlandschaft. Vom großen Alleebaum bis zum kleinen Zierstrauch liefern sie Gehölze in alle Teile der Welt. Hier konzentrieren sich die Baumschulen zu einem der größten Baumschulgebiete der Welt. Die lockeren Geestböden, das gemäßigte Klima und die Nähe zu Hamburg haben zu einer einmaligen Bündelung baumschulgärtnerischen Fachwissens geführt.

Den Anstoß dazu gab unwissentlich ein berühmter Hamburger: Baron Caspar Voght (1752 bis 1839). Als weitgereister Kaufmann und aufgeklärter Gelehrter schuf er sich vor den Toren Hamburgs ein Mustergut und beauftragte den schottischen Baumschulgärtner James Booth, eine Baumschule anzulegen (ein kleiner Teil desselben ist heute als Jenischpark bekannt). Pinneberger Bauern, die auf den sandigen Böden nur karge Erträge erzielten, übernahmen die Anzucht von Bäumen und Sträuchern.

So haben seit 250 Jahren „Pflanzenjäger“ und „Baumschulbarone“ in der einzigartigen Landschaft ihre Spuren hinterlassen. Heute produzieren und handeln etwa 300 moderne Spezialbetriebe bis zu 200.000 Gehölz-Produkte. Dabei müssen die Baumschulen eine Vielzahl von Zukunftsaufgaben erfüllen: Verminderung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes, Züchtung robuster Sorten, energiesparender Ressourceneinsatz und geschlossene Bewässerungssysteme sind wichtige Themen einer nachhaltigen Baumschulwirtschaft. Der Klimawandel macht die Bedeutung von Pflanzen vor allem auch in Städten zunehmend bewusst.

Die Holsteiner Knicklandschaft – Das verbindende Element

Knicks und Hecken sind typisch für die norddeutsche Kulturlandschaft. Besonders eindrucksvoll sind sie in der Segeberger Knicklandschaft zu erleben. Ein dichtes Netz von Knicks durchzieht die Landschaft, dazwischen ausgeprägte Landwirtschaft mit vielfältigen Feldfrüchten.

Die Knicks waren für unsere Vorfahren von unschätzbarem Wert. Ursprünglich dienten sie zur Abgrenzung einzelner Felder und der Einzäunung und Fütterung des Weideviehs. Außerdem lieferten sie Brenn- und Bauholz in der damals waldarmen Landschaft. Aus den Knickfrüchten wurde Saft oder Marmelade zubereitet. Im letzten Jahrhundert gingen jedoch durch Flurbereinigung viele der natürlichen Hecken verloren.

Heute sind die Knicks wichtige Zufluchtsorte für tausende unterschiedliche Tierarten und das Zuhause einer bunten Pflanzenwelt. So sind beispielweise im dörflichen Lebensraum, rund um die Knicks scheue Tiere wie der Steinkauz zu hören und zu beobachten. Geführte Wanderungen machen die ökologischen Besonderheiten erlebbar und bringen den Gästen den Gedanken der Nachhaltigkeit nahe.

Typischer Redder: ein Feldweg, der beidseitig von Knicks begleitet wird (© S. Fuhrmann)

Typischer Redder: ein Feldweg, der beidseitig von Knicks begleitet wird (© S. Fuhrmann)

Blühendes Barbarakraut und Knicklandschaft im Frühling (© S. Koschinski)

Blühendes Barbarakraut und Knicklandschaft im Frühling (© S. Koschinski)

Die Besenheide in voller Blüte (© Udo Steinhäuser)

Die Besenheide in voller Blüte (© Udo Steinhäuser)

Heidschnucken bei der Landschaftspflege (© Loki Schmidt Stiftung)

Heidschnucken bei der Landschaftspflege (© Loki Schmidt Stiftung)

Kulturlandschaft Heide – Weite dank Schnucken

Wenn die Heidschnucken mit ihrer langen grauen Wolle und den schwarzen Köpfen und Beinen durch die Heide ziehen, dann ist das nicht nur ein beliebtes Fotomotiv, sondern dient auch der Pflege dieser Kulturlandschaft, zum Beispiel in der Lüneburger Heide.

Schafe und Ziegen fressen nicht nur das Heidekraut, sondern auch junge Baumsprösslinge und sorgen so dafür, dass die Landschaft offengehalten wird. Die Schnuckenhaltung war jahrhundertelang die Grundlage der Heidebauernwirtschaft. Statt Stroh lag abgeplaggtes Heidekraut in den Ställen, das zusammen mit dem Dung der Tiere im Folgejahr als Dünger auf die Felder gebracht wurde. Für einen Teil Acker waren rund zehn Teile Heide nötig.

In den bis heute erhaltenen großen und nicht bewaldeten Flächen finden Spezialisten aus der Pflanzen- und Tierwelt ihre Nischen – Steinschmätzer, Birkhuhn oder Zauneidechse. Die Schnuckenherden sind in der Gegenwart meist Teil von landwirtschaftlichen Betrieben mit der Aufgabe der Landschaftspflege. Viele bedrohte Arten hängen davon ab.

Inzwischen entstehen neue Dynamiken: Junge Unternehmen, die sinnstiftend und ressourcenschonend arbeiten wollen, suchen ihre Lieferanten, Verkaufsstellen und Absatzmärkte in der Nachbarschaft der Lüneburger Heide. Die Strahlkraft der alten Kulturlandschaft stärkt das Bewusstsein dafür, dass Landnutzung und Naturschutz zu einem besseren, nachhaltigen Miteinander finden müssen.

Kulturlandschaft Moor?

Das Moor ist seit jeher ein Ort voller Mythen und düsterer Geschichten. Tatsächlich ist es aber ein Lebensraum voller Artenvielfalt inklusive vieler spezialisierter Pflanzen- und Tierarten. Naturnahe Moore entsprechen eher einer Natur- als einer Kulturlandschaft, denn sie wurden von Menschen lange Zeit nur wenig genutzt.

Wenn Moore zu Kulturlandschaften werden, verlieren sie den größten Teil ihrer Lebensräume, bestehen bleiben nur stark angepasste Tier- und Pflanzenarten. Der Moorgürtel südlich des Alten Landes ist ein solches kultiviertes Moor am Rande des Elbe-Urstromtals. Nach dem Ausbau von Entwässerungsgräben prägten dort Wiesen und Weiden das Landschaftsbild. Durch den Torfabbau und die Absenkung des Grundwasserspiegels entwickelten sich einige Flächen zu Birken-Bruchwäldern. Inzwischen wurde der Moorgürtel als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Für viele bedrohte Arten wie den Wachtelkönig hat es eine hohe Bedeutung. Feuchtes und trockenes Grünland, Moorreste, Gebüsch, Wälder, Kleingewässer, Röhrichte und Seggenrieder wechseln sich mit feuchtgründigen Brachen ab. Indem man Entwässerungsgräben schließt und anstaut, versucht man, das Moor zu renaturieren. Das Bild einer naturnahen Moorlandschaft ist schwer zu erreichen, wenn der Mensch einmal in den Wasserhaushalt des Moores eingegriffen hat.

Moorschutz ist Klimaschutz

Schon seit vielen Jahrhunderten entwässern Menschen die Moore. Zu großflächigen Trockenlegungen in industriellem Maßstab kam es allerdings erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Dies geschah, um den Torfboden als Brennstoff („Torfstecherei“) und später auch zu gärtnerischen Zwecken abzubauen oder um die Flächen landwirtschaftlich nutzbar zu machen. Viele heute bedrohte Arten verloren ihre Lebensräume. Erst spät erkannte man eine weitere negative Folge der Moorzerstörung: Wenn Moore entwässert und trockengelegt werden, entweicht dabei Kohlenstoff, der vorher im Laufe der Jahrtausende im Torf gespeichert wurde. Dies verstärkt den menschengemachten Klimawandel. Ursprüngliche Moore sind eine Kohlenstoffsenke, durch die Entwässerung werden sie zur Kohlenstoffquelle. Der Schutz und die Wiedervernässung der letzten Moorgebiete dient nicht nur spezialisierten Pflanzen- und Tierarten. Er kann einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten!

Moorfrosch während der Balz (© Loki Schmidt Stiftung)

Moorfrosch während der Balz (© Loki Schmidt Stiftung)

Wittmoor  (© Loki Schmidt Stiftung)

Wittmoor  (© Loki Schmidt Stiftung)

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